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Brexit 2020 - Get It Done…

2020 der lange Weg zum Brexit und die Zukunft von Handelsbeziehungen in bewegten Zeiten Vorgeschichte: 2019 Blockadepolitik in Großbritannien und Backstop-Ersatz Der ursprünglich Ende 2018 von den Vertretern der EU und des Vereinigten Königreiches vereinbarte Ablauf des Brexit mit 29.03.2019 konnte nicht eingehalten werden, da das britische Parlament den Austrittsvertrag insbesonders wegen der heftig umstrittenen Auffanglösung („backstop solution“) mehrfach abgelehnt hat. Frau Theresa May ist aufgrund des vorläufigen Scheiterns des Austrittsvorganges zurückgetreten und der neue Premierministers Boris Johnson hat rasch eine teilweise Neuverhandlung der Vereinbarungen des VK mit der EU eingeleitet. In diesem Rahmen wurde der Backstop aus dem Austrittvertrag entfernt und durch eine neue gemeinsame Erklärung zu Nordirland ersetzt. Im Ergebnis wurde einvernehmlich festgelegt, dass das gesamte Vereinigte Königreich samt Nordirland aus dem Binnenmarkt und der Zollunion ausscheiden wird. In Nordirland werden jedoch ausgewählte Regelungen des EU-Binnenmarktes für Waren (u.a. EU-MWSt-Richtlinie) und auch der EU-Zolltarif angewendet, sofern Drittland-Waren über Nordirland in die Republik Irland weitergeliefert werden bzw. dies angenommen werden kann. Damit sollen Belastungen durch Kontrollen der neuen EU-Außengrenze (de jure costums border on the island of Ireland) innerhalb Irlands vermieden werden und durch entsprechende Maßnahmen in den nordirischen Häfen (de facto costums border) ersetzt werden. Die konkrete Umsetzung dieser Regelungen wird noch im Detail ausgearbeitet werden müssen, ebenso wird von Seiten der EU begleitend deren Funktionsfähigkeit zu überprüfen sein. Jedenfalls wird sichergestellt werden müssen, dass nicht durch Umgehungsimporte über Nordirland und anschließend Irland die Grundsätze des Zollrechts und des Binnenmarktes unterlaufen werden. Der Parlamentsbeschluss über diesen nachverhandelten Austrittsvertrag konnte aufgrund der instabilen, politischen Verhältnisse in Großbritannien jedoch erst nach Neuwahlen im Dezember 2019 gefasst werden. Dadurch musste auf Ersuchen Großbritanniens das Brexit-Datum, d.h. der Zeitpunkt des Ausscheidens des Vereinigten Königreiches aus der EU neuerlich verschoben werden und ist nunmehr für den 31.01.2020 festgelegt. aktueller Status: 2020 - der Brexit wird vollzogen Anfang Januar sind die Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen worden und mit königlicher Zustimmung vom 23.01.2019 von britischer Seite und am 24.01.2020 durch ebensolche von Kommissionspräsidentin Von der Leyen und Ratspräsident Michel sind somit die Voraussetzungen zum letzten Schritt der Ratifikation geschaffen worden. Auf Seiten der EU hat das Europa-Parlament in seiner Abstimmung am 29.01.2020 den Austrittsvertrag mit großer Mehrheit gebilligt. Es wird daher das Vereinigte Königreich die EU am 31.01.2020 definitiv verlassen und seinen Status als EU-Mitgliedsstaat verlieren. Das Austrittsabkommen sieht jedoch vor, dass die Regelungen des EU-Binnenmarktes und der EU-Zollunion bis 31.12.2020 trotzdem weiter angewendet werden. nächster Schritt: es beginnt eine Übergangsfrist d.h. dem formellen Austritt am 31.01.2020 folgt der de facto Austritt am 31.12.2020. Zollrechtlich und im Handelsverkehr bleibt in dieser Zeit alles unverändert und können sämtliche Lieferungen völlig ungehindert weiterdurchgeführt werden. Großbritannien muss sich weiter an alle EU-Regeln halten und auch finanzielle Beiträge wie bisher nach Brüssel überweisen, behält dafür den Zugang zum EU-Binnenmarkt und bleibt Teil der Zollunion, ist jedoch in den Organen der EU nicht mehr vertreten und kann an der Rechtssetzung nicht mehr mitwirken (rule taker, not rule maker) – d.h. eine befristete Aufrechterhaltung des Status quo durch eine Art Passivmitgliedschaft. aber: Anerkennung von britischen Ursprungsnachweisen unsicher! Der Zeitgewinn der Übergangsphase wird aber von der Unsicherheit überschattet, dass nicht geklärt ist, ob Ursprungsnachweise aus dem VK ab 01.02.2020 in Partnerländern mit EU- Freihandelsverträgen als geeignet für eine Zollbegünstigung angesehen werden. Denn nun nimmt Großbritannien die rechtliche Stellung als Drittstaat ein und verliert damit den unmittelbaren Zugang zu den vielen Abkommen der EU mit anderen Drittstaaten wie z.B. der Schweiz. Verlängerung des Übergangs möglich aber unwahrscheinlich Im Austrittsvertrag ist zwar eine bis 01.07.2020 zu vereinbarende Verlängerung vorgesehen, aber das britische Durchführungsgesetz enthält bereits eine ausdrückliche Bestimmung mit gegenteiligem Inhalt d.h. der Untersagung einer Verlängerung über 2020. Zukunftsperspektive: enge Wirtschafts- und Sicherheitspartnerschaft In wirtschaftlicher Hinsicht soll dieses Ziel durch die Vereinbarung eines umfassenden Freihandelsabkommens auf Basis fairer Wettbewerbsbedingung für Unternehmen der EU und des Vereinigten Königreiches erreicht werden. Ob in der kurzen Zeit bis Ende 2020 Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen erfolgreich abgeschlossen werden können, ist allerdings fraglich. Sollte sowohl eine Verlängerung des Übergangs als auch ein Freihandelsabkommen bis 31.12.2020 nicht hergestellt werden können, bleibt weiterhin die Gefahr bestehen, dass per 01.01.2021 der „hard brexit“ also ein letztlich ungeregeltes Ausscheiden eintritt. Zum aktuellen Zeitpunkt bzw. auch noch länger im Verlauf des Jahres 2020 wird voraussichtlich nicht klar abzusehen sein, auf welcher Grundlage die Beziehungen EU-VK aufbauen. Aus kaufmännischer Vorsicht kann man daher Unternehmen nur empfehlen, sich jedenfalls für den worst case eines hard brexit vorzubereiten, dem Grundsatz folgend: Hope for the best, prepare for the worst. Für die Überprüfung und Anpassung der Geschäftsprozesse ist nur mehr das o.a. Zeitfenster bis Ende 2020 gegeben, das rasch genützt werden sollte, da für alle Maßnahmen eine Zeit der überlegten Vorbereitung einzuplanen ist. Warenverkehr nach dem Brexit Bei Berücksichtigung dieser Informationslage kann Unternehmen mit Handelbeziehung im VK nur geraten werden, umgehend den Kontakt mit ihren Geschäftspartnern aufzunehmen und die folgenden Gegebenheiten zu besprechen Der Warenverkehr mit dem Vereinigten Königreich wird nach dem Brexit nur mehr unter Beachtung des Zollrechts der EU bzw. des Vereinigten Königreichs sowie nationaler und europäischer Kontrollvorschriften für Ausfuhr und Einfuhr abgewickelt werden können d.h. es müssen Zollanmeldungen eingereicht und ggf. Ausfuhr- bzw. Einfuhrgenehmigungen beantragt werden. Bei Einfuhren können entsprechend den Bestimmungen des Gemeinsamen Zolltarifs (TARIC) Zölle, als Zusatzkosten anfallen, die Abwicklung der Einfuhrumsatzsteuer ist grundsätzlich, - mit wenigen Ausnahmen, immer verpflichtend vorgesehen. Zollbelastung in der EU im Vergleich zum Vereinigten Königreich Aus kaufmännischer Vorsicht empfehlen wir Ihnen am besten gemeinsam mit einem fachkundigen Zolldienstleister für Ihren Warenkatalog die Zollbelastung anhand des EU-Zolltarifs und des nunmehr bereits veröffentlichten UK-Zolltarifs zu erheben. Sie können sich damit einen Überblick über die möglichen Zusatzkosten verschaffen und können reagieren z.B. durch Änderungen der Bezugsquellen oder durch Einrichtung besonderer Zollverfahren. Sollte ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich abgeschlossen werden, können ggf. begünstigte Zollsätze in Anspruch genommen werden, jedoch müssen die Unternehmen dazu den präferenziellen Warenursprung anhand der Ursprungsregeln feststellen und entsprechende Ursprungsnachweise ausfertigen. Allerdings sind entsprechende Verhandlungen noch nicht begonnen worden, weshalb eine weitere Erörterung derzeit noch nicht sinnvoll möglich ist. Unabhängig von Zollabgaben müssen in jedem Fall die Kosten für die notwendige Zollabwicklung kalkuliert werden, eine rechtzeitige Klärung, wer diese beauftragt und bezahlt, am besten anhand der Aufnahme von INCO-terms in die Kaufverträge kann jetzt noch in Ruhe besprochen und vereinbart werden. Folgende Vorbereitungen mit zollrechtlichem Bezug im Warenverkehr werden notwendig: 1. Beantragung EORI-Nummer (Economic Operator Registration and Identification) als unabdingbare Voraussetzung für jegliche Zollverfahren 2. Ergänzung der Artikelstammdaten mit der entsprechenden Zolltarifnummer Überprüfung der eventuellen Notwendigkeit zusätzlicher Dokumente 3. Überprüfung der Wertschöpfungskette hinsichtlich Anwendung besonderer Zollverfahren (aktive, passive Veredlung, Zoll-Lager) 4. Überprüfung ev. Bedarfs nach besonderen Zollverfahren für vorübergehende Verwendung (z.B. Carnet ATA für Berufsausrüstung, Ausstellungsgüter für Messen u.ä.) 5. Überprüfung der Geschäftsabläufe anhand der geltenden Kontrollvorschriften der EU zu Verboten und Beschränkungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr mit Drittstaaten (d.h. Prüfung der Güter, Warenempfänger, Verwendungszwecke) 6. Beachtung, dass ab Austritt Lieferantenerklärungen (LE) bzw. Langzeitlieferanten- erklärungen weder an, noch von britischen Unternehmen ausgestellt werden dürfen Wir empfehlen Ihnen daher, so rasch als möglich, die: Allgemeine Überprüfung der internen Kenntnisse und Konsultation eines Zolldienstleister zur Klärung des individuellen Bedarfs und dessen Abdeckung Grundsatzentscheidung betr. Aufgabenerfüllung als Teil oder Gesamtheit durch Selbstverzollung oder Outsourcing der Zolldienstleistungen Themenbesprechung Brexit mit britischen Geschäftspartnern zur Festlegung ergänzender Regelungen bei Ein- und Verkauf sowie Sensibilisierung aller Beteiligten, dass Zollabfertigungen unvermeidlich notwendig werden, zusätzlichen Aufwand verursachen und Verzögerungen herbeiführen werden Weitere Konsequenzen ergeben sich für österreichische Unternehmen nach dem Brexit in den mit dem Warenverkehr in Verbindung stehenden Bereichen: 1. MWSt-Abwicklung Mit Austritt des Vereinigten Königreichs endet die Anwendung der Regelungen über den innergemeinschaftlichen Warenverkehr (ig Lieferung, ig Erwerb, ig Verbringung), damit entfällt auch die Zusammenfassende Meldung über Lieferungen und verlieren britische UID-Nummern ihre Gültigkeit. Lieferungen von Österreich in das Vereinigte Königreich sind dann echt umsatzsteuerbefreite Ausfuhren (sofern die Voraussetzungen für Buch- und Belegnachweis erfüllt sind), Lieferungen aus Großbritannien nach Österreich sind als Einfuhren zollamtlich anzumelden und werden mit österreichischer Einfuhrumsatzsteuer belastet. 2. Verbrauchssteuern betr. verbrauchssteuerpflichtiger Waren (v.a. Alkohol, Bier, Wein, Schaumwein, MinÖl, Tabak) Für die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in das Vereinigte Königreich ist eine Ausfuhranmeldung und ein elektronisches Verwaltungsdokument bis zur EU-Außengrenze erforderlich. Importe verbrauchsteuerpflichtiger Waren aus dem Vereinigten Königreich in die EU müssen zuerst zollrechtlich zur Einfuhr angemeldet werden, danach erfolgt die Anmeldung einer Beförderung im Rahmen des EMCS. 3. Warenursprung Status quo: Im EU-Binnenmarkt können Vormaterialien aus Großbritannien in der Produktion für den Export mit Präferenzursprung wie eigene Vormaterialen eingesetzt werden, sofern der Status der eingesetzten Waren mittels einer präferenziellen EU-internen Lieferantenerklärung nachgewiesen werden kann. Umgekehrt kann auch von einem österreichischen Unternehmen eine präferenzielle Lieferantenerklärung an einen Empfänger in Großbritannien ausgestellt werden, um den EU-Präferenzursprung zu erreichen. In der Übergangsfrist zwischen formellen Austritt und de-facto Austritt ist derzeit unsicher, ob weiterhin Lieferantenerklärungen anerkannt werden und EU-Ursprung mit Waren aus dem VK hergestellt werden kann. Ab de-facto Austritt werden Lieferantenerklärungen aus dem VK nicht mehr anerkannt. Zusammenfassende Schlussfolgerungen: 1. Am 31.01.2020 wird das Vereinigte Königreich (VK) mit dem Austritt aus der EU vom Mitgliedsstaat der EU zu einem Drittstaat 2. Nach Ablauf der Übergangsfrist d.h. ab 01.01.2021 unterliegt der Warenverkehr EU- Großbritannien der zollamtlichen Überwachung 3. Diese Änderungen bedeuten für die Wirtschaft jedenfalls zusätzlich o Internen, administrativen Aufwand in den Unternehmen o Externe Kosten für Zollanmeldungen o Standzeiten bei der Transportabwicklung und Lieferverzögerungen Ausblick und Empfehlung: In diesem Sinne hat die Fa. Mag. Michael Sillar GmbH als AEO-C zertifizierter Zolldienstleister pro- aktiv für alle Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen zu Großbritannien einen Leitfaden unter dem Titel „Fit für den Brexit“ entworfen zur individuellen Beratung und bietet mit einem Quickcheck eine erste Hilfe zur Bewusstseinsbildung. Diese Unterlagen werden begleitend zum Stand der aktuellen Gegebenheiten weiterentwickelt und sind zur Standortbestimmung und als Orientierungshilfe gedacht. Einerseits soll ein Überblick ermöglicht werden, betreffend jene betrieblichen Gegebenheiten, für die entsprechende Anpassungen erforderlich sind, andererseits sollen Risikobereiche transparent gemacht werden, wodurch zeitgerecht die organisierte, rationale und kostenbewusste Integration der geänderten Rechtslage in die betrieblichen Prozesse hergestellt werden kann. Nutzen Sie allgemein die Informationsangebote der WKO, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/brexit.html und des Bundeskanzleramtes https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/brexit.html und der qualifizierten Zolldienstleister. Gerne stehen wir auf Wunsch für eine individuelle Risikoanalyse und fachliche Beratung zur Verfügung. mit freundlichen Grüßen Mag. Michael Sillar https://www.sillar.at/zollnews.htm
Mag. Michael Sillar GmbH A-2551 Enzesfeld, Ared-Straße 38                                             Tel.: +43 (0)2256 62 510 Fax: +43 (0)2256 62 511  Öffnungszeiten Montag bis Freitag 08:00 - 17:00 Uhr